Es ist 02:36 Uhr und dein Laminiergerät läuft auf Hochtouren? Alles klar, da steht wohl am nächsten Morgen ein Unterrichtsbesuch an und die Bildkarten, die du heute noch kurz vor Ladenschluss beim Copyshop hast drucken lassen, müssen noch fertig laminiert werden…
Wenn dir das bekannt vorkommt, dann steckst du wohl mitten im Ref und hast ein klitzekleines Problemchen mit dem Thema Zeitmanagement… Moment – ich korrigiere mich: Man KANN im Ref eigentlich gar keine ausgewogene Work-Life-Balance hinkriegen. Denn es grenzt schon fast an ein Wunder, wenn man das Referendariat ohne Nachtschichten hinbekommt… Chapeau an alle, denen das gelungen ist.
Jedenfalls kennt jede:r Referendar:in die Aufregung und den Stress (und manchmal auch die Angst) vor einem anstehenden Unterrichtsbesuch. Und davor gibt es tausend Fragen, die beantwortet werden wollen: Welches Thema soll ich wählen? Wie setze ich das am besten um? Wie viele Nächte bleiben mir noch zum Vorbereiten…?
Hier kommen nun also 8 Schritte für einen erfolgreichen UB:
1. Unterrichtsbesuch Referendariat – Welches Thema?
Wähle ein Thema, bei dem man (erste) Ergebnisse sehen kann. Wenn in der Stunde etwas Neues entsteht, was in der Reflexions- oder Präsentationsphase am Ende gemeinsam betrachtet, diskutiert oder evaluiert werden kann, dann wird sowohl der Inhalt als auch der Lernzuwachs (im wahrsten Sinne des Wortes) greifbarer.
Das Fach Kunst hat es an dieser Stelle leicht. Aber wirklich jedes Fach hat innerhalb seiner Themenbereiche immer wieder besonders reizvolle oder anschauliche Aspekte, die sich für so eine besondere Unterrichtsstunde eignen.
Schlechte Idee:
Merkhefteintrag „So schreibe ich spannende Geschichten“ –
Abschreiben von einer Folie auf dem Overheadprojektor ;)
Gute Idee:
Selber einen Krimi schreiben und in einer Schreibkonferenz präsentieren lassen
2. Unterrichtsbesuch – Ideen finden leicht gemacht
So, nun hast du vielleicht trotzdem noch keine Ahnung, welches Thema du nehmen solltest… Absolute Empfehlung meinerseits: Schau dir was von den Profis ab!
Es gibt so viele unzählig gute Ideen und Unterrichtsstunden, die in Fachliteratur oder Fachzeitschriften zu finden sind. Erfinde das Rad nicht neu, sondern lass dich von diesen Ideen inspirieren und passe sie dann auf deine Klasse und deine Art zu unterrichten an. Natürlich musst du immer die Quelle angeben, wenn du Anregungen oder Entwürfe übernimmst. Aber es ist absolut legitim, sich bewährte Ideen oder Konzepte ebenso wie richtig gutes Material zu Nutzen zu machen und sie für deinen Unterricht zu übernehmen und ggf. anzupassen.
So hast du ein Gerüst, an das du dich anlehnen kannst, aber du lernst auch immer selbst etwas dazu. Dafür musst du dir nicht alles selbst aus den Fingern saugen.
Schlechte Idee:
Jede Unterrichtsstunde von A bis Z alleine planen und die 88 Tiere für die Arche Noah aus Fimo selber kneten
Gute Idee:
In der Lehrerbibliothek oder online nach guten Artikeln recherchieren und für die Arche Noah die Schüler:innen selber ihre Tierfiguren mitbringen lassen
3. Referendariat Unterrichtsbesuch – Der frühe Vogel…
Ja, ja, ja. Das was jetzt kommt, weißt du schon. Aber es muss der Vollständigkeit halber in diese Checkliste:
Fang rechtzeitig an. (Jetzt ist es raus.)
Klar hinkt man im Ref fast ständig hinterher, aber es hilft alles nichts: Wenn du erst kurz vor knapp deine Planung und Vorbereitung für den Unterrichtsbesuch beginnst, kommst du in Stress.
Sofern du nicht die erste Stunde einer Unterrichtssequenz zeigst, braucht dein UB ja Vorstunden. Und diese Vorstunden müssen in einer durchdachten Einheit oder Unterrichtsreihe auch geplant und durchgeführt werden. Denn du willst ja, dass die Unterrichtsstunde gut eingebettet ist. Dass das benötigte Vorwissen oder wichtige Vorläuferfähigkeiten bis dahin auch tatsächlich vorhanden sind. Also schieb die Planung deines UBs nicht auf. Lass lieber mal ein Arbeitsblatt unkorrigiert auf dem To-Do-Stapel liegen...
Schlechte Idee:
Zwei Tage vor dem UB panisch die Nacht durchmachen und
auf den letzten Drücker gemeinsam mit Partner, Mama, Papa, Oma und Opa
die ganze Materialschlacht vorbereiten...
Gute Idee:
Vier Wochen vor dem UB mit der Planung beginnen
4. Unterrichtsbesuch Grundschule – There is work to do
Es gibt unzählige schöne Methoden und Sozialformen, die man in einem Unterrichtsbesuch zeigen kann. Und Methodenvielfalt ist immer ein Plus – für einen UB, aber vor allem (und darum geht es ja!) für die Schüler:innen. Denn dann macht Schule – Achtung: Abgedroschen! – tatsächlich Spaß.
Dafür müssen diese Methoden und Sozialformen aber auch eingespielt sein! Und das braucht Zeit.
Baue also in deinen Alltagsunterricht immer wieder verschiedene Sozialformen (Stuhlkreis/Sitzkreis/Stehkreis, Kinositz, Partner- oder Gruppenarbeit etc.) ein, die teilweise auch ritualisiert ablaufen können. Ebenso bedürfen komplexere Methoden ein Eintrainieren und Wiederholen, damit sie sinnstiftend und zielführend genutzt werden können. Räume also deinen Grundschülern dafür im Vorfeld ausreichend Zeit ein. Dann dienen diese Methoden am Ende dem Erarbeiten eines neuen Inhalts – und verursachen nicht Chaos und Durcheinander.
Schlechte Idee:
Die Methode Kugellager in einem UB zum ersten Mal ausprobieren –
bei dem dann nur die Kinder durcheinander kugeln
Gute Idee:
Durch ein eingeübtes Lesetandem ein besseres Leseverständnis eines Textes erreichen und das im UB zeigen
5. UB Referendariat – Es geht um die Schüler:innen!
Natürlich wirst DU in einem Unterrichtsbesuch beobachtet und auch bewertet. Aber in deinem Unterricht geht es um DEINE KLASSE. Und die Kinder dieser Klasse sollten möglichst viel in deiner Stunde aktiv handelnd und entdeckend lernen.
Du schaffst dafür eine motivierende Lernumgebung, gibst zielführende Impulse und stellst passendes Material bereit. Aber im Vordergrund sollte eine hohe Schüleraktivität und eine hohe Handlungsorientierung stehen.
Frag dich also, wo in deiner Stunde die Kinder selbst etwas entdecken. Wo sie durch Ausprobieren, Experimentieren, Gestalten etc. neue Erkenntnisse gewinnen können. Wo werden sie tatsächlich aktiv? Wo lernen sie durch handelnde Tätigkeiten?
Schlechte Idee:
15 minütigen Film „Die Zapfen der Nadelbäume“ als Einstieg zeigen
Gute Idee:
Verschiedene Zapfen mitbringen (lassen) und Merkmale durch genaues Ansehen, Ertasten, Vergleichen etc. erarbeiten
6. Unterrichtsversuch? – Es ist mehr als ein Versuch!
Mancherorts wird ein Unterrichtsbesuch wertschätzenderweise als „Unterrichtsversuch“ bezeichnet. Man probiert ja schließlich nur so rum…
Nein. Man unterrichtet. Manchmal besser, manchmal schlechter, aber hey! Das sind keine Probeklassen mit fake Kindern. Das ist realer Unterricht mit realen Kindern, also verwenden wir doch lieber den Begriff „Unterrichtsbesuch“. Denn jemand (in diesem Fall deine Seminarleitung) kommt, um deinen Unterricht zu besuchen.
Daher zeig dich in deiner „Zone of Genius“. Oder besser gesagt: Zeigt euch in eurer Zone of Genius. Worin seid ihr (du und deine Klasse) als Einheit richtig gut? Wo erlebt man euch als Team?
Vielleicht hast du mit deiner Klasse eine spezielle Methode schon häufig erfolgreich umgesetzt – dann zeig genau diese Methode auch im UB. Vielleicht sind deine Schüler:innen große Fans von Ballsportarten. Oder ihr singt besonders gern aktuelle, deutschsprachige Radiohits. Oder ihr philosophiert leidenschaftlich über die großen und kleinen Fragen des Lebens… Zeig, was IHR ALS EINHEIT zusammen könnt. Und was euch begeistert. Das ist ansteckend!
Schlechte Idee:
Mit der singbegeisterten Klasse im UB Notenwerte und Taktarten bestimmen
Gute Idee:
Mehrstimmig „Chöre“ von Mark Forster singen
7. Reflexion Unterrichtsbesuch – Kritikfähig bleiben
Uh, jetzt kommt ein schwieriger Punkt: Die Nachbesprechung eines Unterrichtsbesuchs. Auf eines kann man sich ja gefasst machen: Es wird Kritik kommen. Und nun ist oft der entscheidende Punkt, wie diese Kritik ausfällt und auch, wie sie formuliert wird. Aber das Feedback, das du bekommen wirst, wird natürlich auch auf Schwächen und Verbesserungspotenzial hinweisen und „Fehler“ in den Blick nehmen.
Und sind wir mal ehrlich: Das kratzt immer irgendwie am Selbstbewusstsein. Und manchmal sogar an der Überzeugung, geeignet für diesen Beruf zu sein… (Kurzer Einschub: Da besteht nicht immer ein Zusammenhang!! Manchmal ist Kritik von außen auch einfach höchst subjektiv.)
Aber es braucht sie auch, diese leidige Kritik. Sofern sie fachlich fundiert und fair vorgebracht wird. Denn durch sie kann man sich weiterentwickeln. Also nimm dieses Reflexionsgespräch als Anlass, um über dich als Lehrkraft mehr zu lernen.
Sieh dir deinen eigenen Unterricht selbstkritisch, aber auch wertschätzend an: Was ist dir gelungen? Welche Fortschritte hast du gemacht? Worauf bist du stolz?
Und dann auch: Woran möchtest du arbeiten? Was ist noch ausbaufähig? Wo brauchst du noch Hilfe oder Unterstützung?
Schlechte Idee:
Nur die negativen Dinge hören, sich merken und sich darauf konzentrieren
Gute Idee:
Lob und positives Feedback fett mit gelbem Neon-Marker anstreichen
Falls du an dieser Stelle jemanden brauchst, der mit dir gemeinsam deine Stundenplanung auf Kompetenz- und Handlungsorientierung sowie Stringenz hin überprüft, dann sieh dir gerne mein Beratungsangebot an.
Mein Name ist Rebekka, ich bin Lehrerin, Autorin und Beraterin. Ich unterstütze Referendar:innen des Lehramts Grundschule dabei, fachlich fundierte Stunden zu planen, didaktisch wertvolle Konzepte umzusetzen und dabei die Bedürfnisse der Klasse im Blick zu behalten.
Und was das mit deinem nächsten Unterrichtsbesuch zu tun haben kann, erfährst du hier:
8. Unterrichtsbesuch schlecht gelaufen - Reset
Und was ist, wenn dein Unterrichtsbesuch so richtig in die Hose gegangen ist? Wenn du, deine Klasse und deine Seminarleitung nur wenig Gutes an dem UB finden können?
Dann drücke die „Reset-Taste“. Fang nochmal von vorne an. Und lass dich davon nicht allzu arg demotivieren. Jede gestandene Lehrerin und jeder erfahrene Lehrer hält später in ihrem oder seinem stinknormalen Unterrichtsalltag auch ab und zu eine Stunde, die völlig daneben geht:
Weil man sich nicht gut genug vorbereitet hat, weil die Technik spinnt, weil man mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, weil zwei Kinder mit Nasenbluten hinten überm Waschbecken hängen und keiner mehr aufpasst… Egal. Passiert.
(Also, nicht das mit dem Nasenbluten ist egal. Sondern, dass Stunden mal schieflaufen!) Und man kann einfach nur froh sein, dass man später als Lehrkraft solche Desaster-Stunden (ohne Zuschauer mit Stift und Papier) als „Dumm gelaufen“ abhaken kann. Also:
Schlechte Idee:
Verzweifelt den Kopf gegen die Wand schlagen
(Weil, du weißt schon: Nasenbluten und so…)
Gute Idee:
Wut, Ärger, Frust einmal beim Sport ordentlich rauslassen oder in den Wald brüllen –
Und dann sich selber eine neue Chance geben!
Fazit: Lass dich nicht unterkriegen!
Das Ref ist eine Zeit der permanenten Prüfung. Das ist hart. Und das ist oft nicht schön. Aber es gibt da noch ein paar Stimmen, die meistens leider leiser sind, als die der Kritik: Die Stimmen deiner Schüler:innen.
Und sehr sehr oft sagen diese Stimmchen wundervolle Dinge:
„Heute hat es mir wirklich sehr viel Spaß gemacht.“
"Du bist die beste Lehrerin von der Welt!"
„Ich bin gern bei dir im Unterricht.“
"Du bist fei mein Lieblingslehrer!"
„Sie sehen aber heute schick aus!“
Letzter Tipp für heute:
Schreib dir dieses Feedback bitte auch auf! In deinen Lehrerkalender, auf Post-Its überm Schreibtisch, in eine Schülerzitate-Sammlung – wie auch immer. Aber lass diese Stimmen zählen! Denn in ihnen liegt der andere Teil der Wahrheit.
Alles Gute für dich
Deine Rebekka
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Schöner Artikel, das macht Mut! :-)
Tolle und praxisnahe Tipps- vielen Dank!
Super Blog Artikel!!